Das Floßprojekt
Scolaires 3. Streich - Das Floßprojekt
Nachdem die beiden zwischen 2008 und 2010 errichteten Photovoltaikanlagen bestens funktionieren und zur Freude unserer Darlehensgeber die erhofften Gewinne produzieren und auch sich das Windrad aus dem Jahr 2013 auf dem Dach des Neubaus fleißig dreht, begannen wir im Herbst 2014 mit der Planung des nächsten Projektes. Nach Sonne und Wind sollte nun Wasser im Zentrum stehen. Schnell stießen wir auf den Zusammenhang zwischen den Themen Wasser und Müll und so entstand die Idee, ein Floß aus PET-Flaschen zu bauen und damit nach Straßburg zu fahren, um dort mit Politikern des Europaparlaments über die zunehmende Bedrohung der Weltmeere durch Plastikmüll zu diskutieren.
Ein Planungswochenende am Schluchsee war ein erfolgreicher Start ins Projekt. In den nächsten Wochen sollte eine Arbeitsgruppe über mögliche Konstruktionsmöglichkeiten recherchieren, eine andere Verbindung Abgeordneten verschiedener Parteien aufnehmen und eine dritte die inhaltlichen Aspekte des Themas aufbereiten. In den folgenden Wochen sammelten wir ca. 2000 PET-Flaschen. Aus einem Teil davon bauten wir eine Riesenflasche, die im Foyer der Schule aufgestellt wurde und als „Infothek“ diente, daneben wurde ein kleines Modell unseres Floßes ausgestellt. Unter lange Baumstämme sollten Pakete aus PET-Flaschen für den Auftrieb des Floßes angebracht werden, allerdings wollten wir alles so bauen, dass sich das Floß am Ende problemlos wieder in seine Einzelteile zerlegen lässt, um diese weiter zu nutzen – d. h. kein Kleber, keine Nägel und Schrauben etc.
Nachdem erst einmal verschiedene Techniken ausprobiert waren, wie man die Flaschen miteinander verbinden kann, fuhren wir im Januar 2015 an einem kalten Samstagmorgen – in der Nacht war der erste Schnee gefallen – in den Wald bei Bollschweil. Der Förster hatte dort geeignete Bäume für uns geschlagen, die wir auf einen großen Anhänger aufluden, um sie zu Herrn von Holzing in Bollschweil zu bringen, der uns seine Remise für die Dauer unserer Bauarbeiten zu Verfügung gestellt hatte. (Zum Glück gab es dort auch einen Heizstrahler, an dem wir uns ab und zu unsere eisigen Hände aufwärmen konnten.)
Herr Bohn leitete zu Beginn das „Planungsbüro“: Wie können wir die Baumstämme anordnen und ver-binden, damit später die Flaschenpakete angebracht werden können? Ca. 10 km Schnur sollten es am Ende sein, die uns dieses Problem lösen ließen. Aber auch hier wurden verschiedene Ideen der Schüler ausprobiert und entweder verworfen oder weiter-entwickelt. Am Ende des Tages hatten wir einen vernünftigen Plan und nebenher sind auch die ersten Flaschenpakete entstanden – auch hier wurde nur mit Schnur gearbeitet Ganz wichtig: Wir hatten nicht nur viel gelernt, sondern auch einen Riesenspaß. Es brauchte danach noch einige Mittagspausen in der Schule und noch weitere Samstage, bis das Floß fertiggestellt war.
Die Gruppe, die sich um die Fahrt nach Straßburg kümmerte, war leider nicht so erfolgreich. Nicht alle angeschriebenen Abgeordnete antworteten überhaupt, andere verwiesen auf ihre Arbeit in anderen Bereichen, keiner war jedenfalls begeistert von der Aussicht, mit uns ins Gespräch zu kommen. Da uns Martin Schulz, der Präsident des Parlaments, anlässlich einer Begegnung bei den Feierlichkeiten zum Deutsch-Französischen Freundschaftsvertrag in Berlin aber Mut zu unserem Projekt gemacht hatte, wollten wir nicht aufgeben. Als allerdings einige Zeit später klar geworden war, dass wir von den französischen Behörden keine Genehmigung für die Fahrt auf dem Altrhein bekommen würden, stellten wir unsere Planung um. Unser Floß sollte als „special event“ in das große Narrenschiffprojekt integriert werden. Wenn an einem Samstag im März auf einem Schiff auf dem Rhein die Besucher des „Narrenschiffs“ die Ideen der Narren aus vergangenen Zeiten begegnen sollten, wollten wir mit unserem Floß dort andocken und aufzeigen, was wir doch heute für Narren sind, wenn wir unsere Umwelt derart zerstören wie wir es tun und damit Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen aufs Spiel setzen.
Und so kam es dann: Am Freitag, den 6,03,2015 verfrachteten wir unser Floß an den Opfinger Baggersee zur Jungfernfahrt. Zunächst paddelte nur ein einzelner Pionier auf den See, danach erhöhten wir die Zahl der Passagiere sukzessive, bis wir sicher waren, dass bis zu 12 Personen kein Problem darstellen würden. Danach brachten wir das Floß direkt nach Breisach an das Ufer der Möhlin. Am Morgen brachten wir unser Floß ins Wasser und hinab gings auf der Möhlin. Dort wo die Möhlin in den Rhein mündet, wartete ein Boot der Rettungswacht, da dies wegen der Strömung eine kritische Stelle für uns darstellte. Alles ging gut, das Andockmanöver gelang problemlos und mit viel Krach und Radau enterten wir das „Narrenschiff“. Die Freude war riesig, wieder ein Projekt, das gemeinsam von Schülern und zwei Lehrern entwickelt und organisiert wurde, erfolgreich abgeschlossen werden konnte – auch wenn immer wieder Änderungen vorgenommen werden mussten.
Noch ein Gutes hatte die Sache: Die Idee für ein neues Projekt wurde regelrecht aus dem Wasser gefischt. Auf der Jungfernfahrt auf dem Opfinger Baggersee fischten wir den Rahmen eines Alu-Fahrrades aus dem Wasser. Daraus wollen wir im Schuljahr 2016/17 Aufladestation für Handys bauen, die in den Pausen mit Muskelkraft betrieben werden kann. Außerdem entstand aus Teilen der Baumstämme ein Freiluftschachspiel auf dem Schulhof. Kann man Nachhaltigkeit perfekter umsetzen?
Hildegard Bayerlander-Thomann